Es beginnt oft mit einem unscheinbaren Moment. Ein stilles Telefon. Eine Mail, die unbeantwortet bleibt. Die Nachricht trifft dann wie ein Donnerschlag. Der Geschäftsführer ist gestorben. Ein Mensch, ein Visionär, der Macher – nicht mehr da. Die Lücke, die er hinterlässt, ist nicht nur emotional spürbar. In der GmbH, die er vielleicht einst selbst gegründet hat, bricht plötzlich das Rückgrat weg. Wer entscheidet jetzt? Wer unterschreibt, wer führt weiter?
Für viele GmbHs ist der Tod des Geschäftsführers nicht nur ein persönlicher Schicksalsschlag, sondern eine akute Krise. Denn in vielen Fällen ist der Geschäftsführer mehr als nur ein Organ – er ist das Gesicht des Unternehmens, Stratege, Netzwerker und oft auch der alleinige Entscheidungsträger. Der Ausfall dieser zentralen Figur kann schnell zum organisatorischen Ausnahmezustand führen.
Rein formal ist die GmbH als juristische Person unabhängig vom Leben ihrer Geschäftsführer. Sie überlebt – auf dem Papier. Aber: Die GmbH ist wie ein Schiff, das ohne Kapitän auf hoher See treibt. Es hat zwar ein solides Deck, Ruder und Mannschaft – doch niemand am Steuer. Das Problem dabei ist nicht nur symbolischer Natur. Solange kein Geschäftsführer ernannt ist, kann die GmbH rechtlich nicht handlungsfähig auftreten. Keine Verträge, keine Bankgeschäfte, keine Verhandlungen.
Noch dramatischer wird es, wenn der Geschäftsführer auch Gesellschafter war. Dann vermischen sich zwei komplexe Rechtsbereiche: das Gesellschaftsrecht und das Erbrecht. Wer übernimmt nun die Anteile? Und wichtiger noch: Wer darf – und kann – das Unternehmen weiterführen?
Besonders bei Ein-Personen-GmbHs ist die Gefahr groß, dass der Betrieb ohne Planung in eine Art Schockstarre verfällt. Mitarbeiter wissen nicht, wie es weitergeht, Lieferanten fordern Sicherheiten, Kunden springen ab. In kurzer Zeit kann sich ein funktionierendes Unternehmen in ein Chaos verwandeln – nur weil es an einer rechtzeitigen Regelung gefehlt hat.
In der Theorie gibt es eine Lösung: die gerichtliche Bestellung eines Notgeschäftsführers (§ 29 BGB analog in Verbindung mit § 35 GmbHG). Diese Maßnahme kommt insbesondere dann ins Spiel, wenn eine GmbH ohne Geschäftsführer handlungsunfähig wird. Der Notgeschäftsführer kann auf Antrag eingesetzt werden – meist durch Gesellschafter, Erben oder Gläubiger. Seine Aufgabe: die akute Handlungsunfähigkeit der GmbH überbrücken. Er darf das Nötigste regeln, Zahlungen freigeben, Verträge abschließen, Liquidität sichern.
Klingt nach einem guten Notanker? Ja – aber nur unter gewissen Bedingungen. Denn: Der Antrag braucht Zeit. Und bis das Gericht entscheidet, können Wochen vergehen. Wertvolle Wochen, in denen Rechnungen nicht bezahlt, Aufträge nicht bearbeitet und Vertrauensverhältnisse irreparabel geschädigt werden können.
Außerdem ist der Handlungsspielraum des Notgeschäftsführers begrenzt. Strategische Entscheidungen, Umstrukturierungen, Kündigungen? Schwierig. Er darf nur das absolut Notwendige tun – das reicht oft nicht, um die GmbH sicher durch den Sturm zu navigieren. Deshalb gilt: Wer seine Firma liebt, sollte den Notgeschäftsführer als letzte Rettung sehen – nicht als Plan A.
Viele Unternehmer glauben, mit einem Testament sei alles geregelt. Doch so einfach ist es nicht. Gerade bei GmbHs reicht ein bloßes Testament oft nicht aus. Warum? Weil der Übergang von Unternehmensanteilen, Stimmrechten und Geschäftsführungsbefugnissen rechtlich, steuerlich und menschlich komplex ist.
Eine gute Nachlassplanung berücksichtigt alle Ebenen:
Hier liegt einer der häufigsten Fehler. Unternehmer erstellen ein Testament, in dem sie z. B. ihre Kinder als Erben der GmbH einsetzen – doch im Gesellschaftsvertrag steht, dass nur Mitgesellschafter das Eintrittsrecht haben. Das Ergebnis: Das Testament ist unwirksam, die Erben fühlen sich übergangen, und es entsteht ein Streit, der oft vor Gericht landet.
Die Lösung liegt in der sorgfältigen Abstimmung. Gesellschaftsvertrag, Testament, Ehevertrag, Erbverzichtserklärungen, Vollmachten – all das muss aufeinander abgestimmt sein. Nur so entsteht ein geschlossenes System, das den Willen des Unternehmers auch nach seinem Tod wirksam umsetzt.
👉 Tipp: Wer rechtzeitig mit einem Notar, einem Fachanwalt für Erbrecht und einem Steuerberater zusammenarbeitet, kann nicht nur Fallstricke vermeiden, sondern die Unternehmensnachfolge optimal gestalten.
Ein Unternehmer-Testament unterscheidet sich deutlich vom klassischen „privaten“ Testament. Es ist kein Ausdruck bloßer Besitzverteilung – es ist ein strategisches Dokument, das über das Fortbestehen oder den Zerfall eines Lebenswerks entscheidet. Wichtige Elemente sind:
Ein Unternehmer-Testament ist kein starres Dokument, sondern ein lebendiger Plan. Es sollte regelmäßig überprüft und angepasst werden – besonders nach familiären Veränderungen oder bei unternehmerischem Wachstum.
Es geht nicht darum, sich mit düsteren Gedanken zu quälen. Sondern darum, Verantwortung zu leben – auch über den eigenen Horizont hinaus. Unternehmer sind es gewohnt, Risiken zu kalkulieren, Projekte zu steuern und auf Zukunft zu bauen. Warum sollte dieser vorausschauende Blick beim Thema Tod aufhören?
Stellen Sie sich vor, Ihre Familie verliert Sie – und gleichzeitig auch das Fundament ihrer wirtschaftlichen Existenz. Stellen Sie sich vor, Ihre Mitarbeiter erfahren von Ihrem Tod – und bangen in derselben Stunde um ihren Job. Wer solche Szenarien vermeiden möchte, muss heute handeln. Nicht morgen. Nicht irgendwann.
Eine gute Nachlassplanung ist kein Akt der Kontrolle, sondern der Liebe. Sie sagt: „Ich kümmere mich – auch wenn ich nicht mehr da bin.“ Und sie schafft das, was jedes Unternehmen braucht, um zu überleben: Vertrauen, Klarheit und Handlungsfähigkeit.