Die Position des Geschäftsführers in einer GmbH kann nach § 6 Abs. 3 S. 1 GmbHG grundsätzlich von einem Gesellschafter oder einer dritten Person bekleidet werden. In der ersten Konstellation spricht man von einem Gesellschafter-Geschäftsführer, in der zweiten Konstellation von einem Fremd-Geschäftsführer, der keine Kapitalbeteiligung an der von ihm geführten GmbH hält.
Die Figur des Gesellschafter-Geschäftsführers bringt insbesondere durch die doppelte Organmitgliedschaft (in der Geschäftsführung und der Gesellschafterversammlung) einige Besonderheiten mit sich, die in der Praxis beachtet werden sollten. Die nachfolgende Übersicht fasst die wesentlichen Unterschiede zu einem Fremd-Geschäftsführer zusammen.
Grundsätzlich differenziert das Gesellschaftsrecht nicht zwischen dem Fremdgeschäftsführer und dem Gesellschafter-Geschäftsführer. Lediglich für den Fall einer Einpersonen-GmbH, bei der der Alleingesellschafter gleichzeitig (Gesellschafter-)Geschäftsführer ist, trifft § 35 Abs. 3 GmbHG eine Sonderregelung.[1]
Zum einen wird dort zunächst ausdrücklich auf das Verbot des Selbstkontrahierens (§ 181 BGB) hingewiesen (§ 35 Abs. 3 S. 1 GmbHG). Zum anderen sind in dieser Konstellation Rechtsgeschäfte zwischen der Gesellschaft und dem Geschäftsführer – soweit die Regelung des § 181 BGB (etwa durch eine entsprechende Satzungsregelung) wirksam abbedungen wurde – stets in einer Niederschrift (d.h. einem Protokoll) aufzunehmen (§ 35 Abs. 3 S. 2 GmbHG).
Zu beachten ist ferner, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer aufgrund seiner Doppelrolle in bestimmten Situationen einem Stimmverbot unterliegt. So ist er grundsätzlich zwar berechtigt über seine Bestellung bzw. Abberufung in einer Gesellschafterversammlung mitzustimmen, da es ein legitimes Interesse des Gesellschafters ist, in „seinem“ Unternehmen die Führung unter Zuhilfenahme des eigenen Stimmrechts übernehmen zu wollen.[2]
Eine Ausnahme hiervon ist allerdings dort notwendig, wo es um die außerordentliche Abberufung des Gesellschafter-Geschäftsführers aus wichtigem Grund geht. Es entspricht nicht mehr dem redlichen Interesse eines Gesellschafters, sich trotz Vorliegen eines wichtigen Grundes mittels des eigenen Stimmrechts im Amt zu halten.[3]
Gleiches gilt bei einer Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung über die Entlastung des Gesellschafter-Geschäftsführers (§ 46 Nr. 5 i.V.m. § 47 Abs. 4 S. 1 GmbHG). Auch in diesem Fall kann eine unbefangene und dem Gesellschaftswohl dienende Mitwirkung des Betroffenen an der körperschaftlichen Willensbildung nicht vorausgesetzt werden.[4] Vielmehr entspricht es sowohl dem Interesse der Gesellschaft als auch der (übrigen) Gesellschafter, dass das Stimmrecht des betroffenen Gesellschafter-Geschäftsführers bei der Abstimmung ruht.
Hierdurch werden Erwägungen, die nicht dem Interesse der Gesellschaft, sondern dem des Geschäftsführers dienen, idealerweise ausgeschlossen. So ist im Ergebnis auch zu urteilen, wenn über eine Befreiung des Gesellschafter-Geschäftsführers vom gesetzlichen Wettbewerbsverbot abgestimmt wird.[5]
Neben der (gesetzlichen) Regelung dieser Sonderfälle bietet sich auch im Übrigen eine Berücksichtigung der Doppelrolle des Gesellschafter-Geschäftsführers im Gesellschaftsvertrag durch eine auf die konkrete Situation maßgeschneiderte Lösung an. Entsprechende Bestimmungen sollten in den Gesellschaftsvertrag oder eine Geschäftsordnung für die Geschäftsführung aufgenommen werden.
Die Frage, ob ein GmbH-Geschäftsführer als Arbeitnehmer zu qualifizieren ist, wird von den obersten Bundesgerichten nicht einheitlich beantwortet. Im Fall des Gesellschafter-Geschäftsführers haben sich aber einige Auslegungsregeln in der Rechtsprechung etabliert, die eine grobe Orientierung ermöglichen.
Bedeutung hat diese Frage zunächst im Arbeitsrecht: Ordnete man den Gesellschafter-Geschäftsführer als Arbeitnehmer ein, entfalten die arbeitsrechtlichen Schutzgesetze zu seinen Gunsten ihre Wirkung. Folglich wäre in Streitfällen der Weg zu den Arbeitsgerichten anstatt zur ordentlichen Gerichtsbarkeit eröffnet.[6] Der Bundesgerichtshof (BGH) hält die Arbeitnehmereigenschaft eines jeden GmbH-Geschäftsführers allerdings kategorisch für ausgeschlossen, da aufgrund der aktiven Vertretung nach außen und innen eine Abhängigkeit zur GmbH – wie sie für die Arbeitnehmereigenschaft verlangt wird – schon im Grundsatz nicht bestehen könne.[7]
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) schließt sich dieser Auffassung in solcher Deutlichkeit (leider) nicht an. Vielmehr hält es das BAG für möglich, dass sowohl der Fremd- als auch der Gesellschafter-Geschäftsführers zumindest in bestimmten (Ausnahme-)Fällen als Arbeitnehmer zu qualifizieren sein können. Die Einordnung erfolgt in erster Linie anhand des Grades der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete befindet.[8]
Demnach sprechen für eine persönliche Abhängigkeit und damit für die Arbeitnehmereigenschaft Umstände wie eine Eingliederung in den Betrieb der Gesellschaft sowie einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Direktionsrechts der Gesellschafter.[9] Letztlich entscheidet hier also der Grad der Abhängigkeit über die Arbeitnehmereigenschaft.
Im Falle eines Gesellschafter-Geschäftsführers nimmt aber auch das BAG in den nachfolgend aufgeführten Fällen eine Selbstständigkeit und keine Arbeitnehmereigenschaft an:
In diesen Gestaltungen entspräche eine Arbeitnehmereigenschaft des Geschäftsführers nicht den Besonderheiten der jeweiligen Gesellschaftsstruktur. Das BAG betont allerdings, dass jeder Einzelfall gesondert im Rahmen einer Gesamtschau aller Einzelkriterien zu beurteilen ist.[11]
Zusammenfassend wird daher die Arbeitnehmereigenschaft eines Gesellschafter-Geschäftsführers (und damit dessen Schutz durch das Arbeitsrecht) nach derzeitigem Stand der Rechtsprechung des BAG nur bei einer niedrigen Kapitalbeteiligung ohne bestimmenden Einfluss bejaht, sofern zusätzlich deutliche Indizien für eine Abhängigkeit gegeben sind.
Die Frage nach der Selbstständigkeit bzw. der Abhängigkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers stellt sich auch im Sozialversicherungsrecht. Die Argumentation zur Unterscheidung ist dabei ähnlich der oben geschilderten arbeitsrechtlichen Unterscheidung. Sofern also ein Gesellschafter-Geschäftsführer aufgrund seiner Beteiligung an der Gesellschaft maßgeblichen Einfluss auf diese ausüben kann, ist eine abhängige Beschäftigung im Sinne des Sozialversicherungsrechts und damit auch die Sozialversicherungspflicht zu verneinen.[12]
Im Regelfall ist allerdings nach den vom Bundesozialgericht (BSG) entwickelten Grundsätzen von einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis auszugehen. Die oben unter Nr. 3.1 genannten Beispiele von Gesellschafter-Geschäftsführer-Konstellationen nimmt auch das BSG im Wesentlichen auf und geht in diesen Fällen aufgrund des bestimmenden Einflusses des Gesellschafter-Geschäftsführers von keiner abhängigen, sondern einer selbständigen Beschäftigung aus.[13]
Soweit deckt sich die Rechtsprechung des BAG und des BSG damit im Hinblick auf diese Konstellationen noch. Sie unterscheiden sich jedoch in ihrem Regel-Ausnahme-Verhältnis: Während das BAG in der Regel davon auszugeht, dass ein GmbH-Geschäftsführer selbstständig ist,[14] ist das BSG der Auffassung, dass er im Normalfall abhängig beschäftigt ist und nur in den oben unter Nr. 3.1 geschilderten Gesellschafter-Geschäftsführer-Konstellationen als selbstständig einzustufen ist.[15]
Während der Fremd-Geschäftsführer daher im Normalfall (also bei Abhängigkeit von den Weisungen der Gesellschafterversammlung bzw. des Aufsichtsrates)[16] sozialversicherungspflichtig ist, trifft das auf den Gesellschafter-Geschäftsführer nur im Falle einer Minderheitsbeteiligung ohne bestimmenden Einfluss zu.
Der steuerrechtliche Blick auf die Arbeitnehmereigenschaft des Gesellschafter-Geschäftsführers wirft leider kein erhellendes Licht auf die Situation. Zwar kommt der oben bereits dargestellten arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Einordnung (die, wie ausgeführt, schon nicht einheitlich ist) eine indizielle Bedeutung zu, eine rechtliche Bindung entfalten diese jedoch nicht.
Der Bundesfinanzhof (BFH) versucht die Frage anhand des Einzelfalls und einer Vielzahl in Betracht kommender Merkmale in einer Gesamtschau zu beantworten.[17] Regelmäßig wird eine Selbstständigkeit aber auch hier bei einer Kapitalbeteiligung von 50% oder mehr angenommen, während sie darunter in der Regel abgelehnt und eine steuerrechtliche Arbeitnehmerschaft angenommen wird.
Bedeutung hat die Frage vor allem im Hinblick auf die Einkünfte des Geschäftsführers, die entweder aus nichtselbständiger oder selbstständiger (umsatzsteuerpflichtiger) Arbeit stammen können. Im Fall des Gesellschafter-Geschäftsführers stammen diese in Form von Gewinnausschüttungen zusätzlich noch aus Kapitalvermögen.[18]
Die Heterogenität des Arbeitnehmerbegriffs des GmbH-Geschäftsführers in der Rechtsprechung kann in der Praxis große Probleme bereiten. Im Falle des Gesellschafter-Geschäftsführers lassen sich jedoch aufgrund der Vermutungsregeln der Bundesgerichte Ansatzpunkte für eine gesellschafts- und dienstvertragliche Gestaltung finden, die eine verhältnismäßig rechtssichere Einordung ermöglichen.
Ein zusätzliches Problemfeld kann sich auftun, wenn zwischen der GmbH und seinem Gesellschafter-Geschäftsführer – wie üblich – ein Dienstvertrag besteht. Sofern die darin vereinbarte Vergütung einem Drittvergleich nicht standhält und daher als unangemessen bewertet werden muss, wird der nicht angemessene Teil der Vergütung als verdeckte Gewinnausschüttung behandelt. Maßstab für die Angemessenheit ist der Vergleich mit einem Fremd-Geschäftsführer.
Nur wenn die Gesellschaft diesem unter gleichen Umständen für die gleiche Leistung eine identische Vergütung gewährt hätte, ist von der Angemessenheit auszugehen.[19] Dabei werden nicht nur Vergütungsbestandteile in Geld betrachtet, sondern auch jegliche weiteren, nicht-monetären Gegenleistungen und Vorteilsgewährungen.
Folge der verdeckten Gewinnausschüttung wäre aus steuerrechtlicher Sicht zunächst ein um den unangemessenen Betrag erhöhtes körperschaftssteuerliches Ergebnis und damit eine höhere Steuerbelastung der Gesellschaft.[20] Aus gesellschaftsrechtlicher Sicht kann ein Verstoß gegen § 30 GmbHG vorliegen, sodass ein Rückerstattungsanspruch gegen den Geschäftsführer (§ 31 Abs. 1 GmbHG) besteht und eine subsidiäre Mithaftung der übrigen Gesellschafter droht (§ 31 Abs. 3 GmbHG).[21]
Das Risiko einer verdeckten Gewinnausschüttung besteht zusätzlich zu einer unangemessen hohen Vergütung insbesondere bei den folgenden Vergütungsbestandteilen:
Bei der Ausgestaltung des Gesellschafter-Geschäftsführervertrages empfiehlt sich angesichts der Vielfalt möglicher Vergütungsvarianten in jedem Fall eine eingehende steuerliche Prüfung durch einen Experten.
Ein GmbH Gesellschafter-Geschäftsführer wird – obwohl spezielle gesetzliche Regelungen nicht bestehen – rechtlich an vielen Stellen anders behandelt als ein Fremd-Geschäftsführer. Um den damit einhergehenden Besonderheiten gerecht zu werden, bietet sich eine am Einzelfall orientierte Lösung an, Diese sollte den dargestellten Problemfeldern vor allem durch eine gezielte dienst- und gesellschaftsvertragliche Gestaltung begegnen.
Dr. Fabian Christoph ist Partner im Hamburger Büro der Anwaltskanzlei Osborne Clarke. Er berät deutsche und internationale Unternehmen, Konzerne, Investoren und Gründer bei M&A-Transaktionen, Joint Ventures, Finanzierungsrunden, Restrukturierungen und im Gesellschaftsrecht.
[1] Vgl. Fastrich in: Baumbach/Hueck, GmbHG 21. Auflage 2017, § 6 Rn. 8; Tebben in: Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG 3. Auflage 2017, § 6 Rn. 29.
[2] Vgl. Roth in: Roth/Altmeppen, GmbHG 8. Auflage 2015, § 47 Rn. 61.
[3] Vgl. Roth in: Roth/Altmeppen, GmbHG 8. Auflage 2015, § 47 Rn. 62.
[4] Vgl. Roth in: Roth/Altmeppen, GmbHG 8. Auflage 2015, § 47 Rn. 70.
[5] Vgl. Heckschen in: Heckschen/Heidinger, Die GmbH in der Gestaltungs- und Beratungspraxis, 3. Auflage 2013, § 4 Rn. 124.
[6] Vgl. Faust in: Masuch/Meyer, ABC des GmbH-Geschäftsführers 2012, 6. Auflage 2012, S. 96-97.
[7] Vgl. statt vieler BGH v. 11.7.1953 – II ZR 126/52, NJW 1953, 1465; BGH v. 29.01.1981 – II ZR 92/80, NJW 1981, 1270.
[8] Vgl. statt vieler BAG v. 13.05.1992 – 5 AZR 344/91, ZIP 1992, 1496.
[9] Vgl. Faust in: Masuch/Meyer, ABC des GmbH-Geschäftsführers 2012, 6. Auflage 2012, S. 271.
[10] Vgl. Faust in: Masuch/Meyer, ABC des GmbH-Geschäftsführers 2012, 6. Auflage 2012, S. 271; Rolfs in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 18. Auflage 2018, SGB IV § 7 Rn. 20 ff.
[11] Vgl. Faust in: Masuch/Meyer, ABC des GmbH-Geschäftsführers 2012, 6. Auflage 2012, S. 95.
[12] Vgl. Pelka/Küsters in: Beck´sches Steuerberater-Handbuch 2017/1028, 16. Auflage 2017, Kapitel J. Lohnsteuerrecht/Sozialversicherungsrecht Rn. 101.
[13] Vgl. Voigt in: Masuch/Meyer, ABC des GmbH-Geschäftsführers 2012, 6. Auflage 2012, S. 271 -272.
[14] Vgl. Faust in: Masuch/Meyer, ABC des GmbH-Geschäftsführers 2012, 6. Auflage 2012, S. 96.
[15] Vgl. Voigt in: Masuch/Meyer, ABC des GmbH-Geschäftsführers 2012, 6. Auflage 2012, S. 272.
[16] Vgl. Rolfs in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, SGB IV § 7, 18. Auflage 2018, Rn. 20.
[17] Vgl. Seidel in: Küttner Personalhandbuch 2018, 25. Auflage 2018, Geschäftsführer Rn. 40.
[18] Vgl. Seidel in: Küttner Personalhandbuch 2018, 25. Auflage 2018, Geschäftsführer Rn. 40 – 41.
[19] Vgl. Seidel in: Küttner Personalhandbuch 2018, 25. Auflage 2018, Geschäftsführer Rn. 44.
[20] Deussen in: Ziemons/Jaeger, BeckOK GmbHG, 34. Edition 2018, § 29 Rn. 38 ff.
[21] Vgl. Pentz in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG 6. Auflage 2017, § 29 Rn. 167.
[22] Vgl. Pelka/Küsters in: Beck´sches Steuerberater-Handbuch 2017/1028, 16. Auflage 2017, Kapitel J. Lohnsteuerrecht/Sozialversicherungsrecht Rn. 101; Seidel in: Küttner Personalhandbuch 2018, 25. Auflage 2018, Geschäftsführer Rn. 44.
[23] Vgl. Seidel in: Küttner Personalhandbuch 2018, 25. Auflage 2018, Betriebliche Altersversorgung Rn. 165.