Entscheidend, da grundlegend und wegweisend: die Rechtsformwahl. Dabei ist es gerade zu Beginn der Entschlussfassung oft schwierig einen Überblick über Kriterien, Vor- und Nachteile der verschiedenen Rechtsformen zu bekommen. Zeit- und Kostendruck tun ihr übriges. Die folgenden Kriterien helfen bei der grundsätzlichen Entscheidung zur Rechtsform.
Diese Entscheidung sollte man als Existenzgründer auch nicht aus der Hand geben, denn wesentliche Entscheidungen und Wahlmöglichkeiten sollte man selbst bewusst treffen.
Das deutsche Recht gibt eine definierte, abschließende Zahl von möglichen Rechtsformen vor. Aufgrund der Niederlassungsfreiheit innerhalb der EU grenzt das die Auswahl aber nur bedingt ein.
Die optimale, beste Gesellschaftsform an sich gibt es nicht. Diese wird es in der Praxis auch nur selten oder zeitlich vorübergehend geben. Denn im Geschäftsalltag können sich Situationen (Kapitalbedarf, Haftung, Steuern, Beteiligungen, Tod, Übernahmeversuch, …) oft schnell und unerwartet ändern. Hier im Vorfeld alle Eventualitäten optimal abzusichern ist schon rein praktisch kaum möglich.
Es gilt daher für und wider sorgfältig abzuwägen und sich dann von einem oder mehreren Experten (am besten aus steuer- und rechtlicher Sicht) im Vorfeld beraten zu lassen.
Erst dann sollte man sich entscheiden.
Folgende Kriterien helfen bei der Entscheidungsfindung zur richtigen Rechtsformwahl:
Ob man als Einzelgründer oder die Unternehmung mit einem oder mehreren Partnern starten will, ist in der Praxis meist ein schon beschlossener Umstand. Dies grenzt die Auswahl der möglichen Rechtsformen meist ein wie folgt:
Einzelgründung:
Gründung durch mehrere Personen:
Hier sollte man zwischen Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften unterscheiden. Personengesellschaften bergen immer das Risiko mit dem gesamten Vermögen (auch dem Privatvermögen) haften zu müssen. Kapitalgesellschaften begrenzen die Haftung im Normalfall nach außen auf das Kapital der Gesellschaft. Das Privatvermögen außerhalb der Kapitalgesellschaft bleibt grundsätzlich geschützt.
Daneben gibt es auch noch weitere Rechtsformen wie etwa die Europäische Gesellschaft (SE). Diese spielen aber in der Praxis bei der Neugründung in der Regel keine Rolle.
Die Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftskapital als Vorteil der GmbH klingt im ersten Moment gut. Diese bezahlt man aber mit höheren Gründungskosten, einem Mindeststammkapital und strengeren laufenden Pflichten bei Formalien, Bilanzierung, Buchführung.
In der Praxis reicht das Gesellschaftskapital als Haftung oder Sicherheit manchmal nicht aus. Lieferanten, Banken werden daher zusätzliche persönliche Bürgschaften zur Absicherungen zusätzlich zum Gesellschaftskapital fordern.
Sie sehen, so einfach ist es mit der Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftskapital nicht. Es gibt zudem auch einige Ausnahmen, die einen Durchgriff auf das Privatvermögen ermöglichen.
Weniger sollte man auf die Erwartungshaltung möglicher Geschäftspartner achten. Auch ist es immer noch relativ einfach möglich, von einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft zu wechseln – umgekehrt wird das schon aufwändiger.
Ggf. kommt auch als Start die kleine GmbH, die so genannte Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) in Betracht. Denn ansonsten liegt das Risiko der unbeschränkten Haftung beim Inhaber. Geldgeber fordern daher in der Regel weitere Sicherheiten, womit wir beim Kapitalbedarf wären:
Wir man aus Punkt 1 Haftung und Haftungsbeschränkung entnehmen kann, spielt der Umfang der wirtschaftlichen Aktivitäten eine wichtige Rolle. Denn je teurer die Geschäftsvorfälle, desto höher ist auch der Kapitalbedarf des Unternehmens. Dies gilt nicht nur für die Haftungsfrage, sondern vielmehr auch für Beteiligungen, Fremdkapitalgeber usw. Stichwort Crowdfunding, Business Angels, …
Benötigen Sie mehrere „Schultern“ in Form von Gesellschaftern oder Beteiligten, die auch Kapital in die Gesellschaft mitbringen, bieten sich offene und verdeckte Lösungen an, bei denen solche Anteile leichter übertragbar, verkaufbar sind.
Je mehr man deswegen Firmenanteile veräußern will oder muss, desto mehr kommen „beteiligungsfreundliche“ Rechtsformen wie KG, GmbH & Co. KG, AG bis zur Holding (Muttergesellschaft von selbständigen Tochtergesellschaften) in Betracht.
Ganz wesentlich neben den laufenden Fixkosten durch Bürokratie und sonstigen nicht wertschöpfenden Tätigkeiten nimmt die steuerliche Situation Einfluss auf den Gewinn.
Je nach Rechtsform und ausgeübter Tätigkeit greifen vielfältige Steuern wie Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer, Umsatzsteuer um nur die häufigsten zu nennen.
Bei Personengesellschaften wird nicht die Gesellschaft, sondern nur der oder die Gesellschafter besteuert.
Bei Kapitalgesellschaften dagegen wird grundsätzlich die Gesellschaft besteuert. Schüttet diese Gesellschaft Gewinne an die Gesellschafter aus, werden diese weiter/ zusätzlich besteuert (Trennungsprinzip).
Ganz unter den Tisch sollten Sie die steuerlichen Aspekte aber nicht fallen lassen. Denn je nach Rechtsform kann das auch Auswirkungen für Ihre Altersvorsorge, Krankenversicherung usw. haben.
Folgende vereinfachende, pauschale Bewertung trifft im Einzelfall nicht immer zu, hilft aber bei der ersten Orientierung:
+ kein Mindestkapital
+ freie Gestaltungsmöglichkeiten
+ einfacher Einstieg (Kleingewerbe)
+ minimale Gründungskosten
+ keine Buchführungs- und Bilanzierungspflicht
– volle Haftung mit dem Privatvermögen
– keine Beteiligungen, Einlagen möglich
– Gewinn unterliegt der Einkommensteuer
– begrenzte Firmierung
+ kein Mindestkapital
+ einfach zu gründen
+ minimale Gründungskosten
+ keine Buchführungs- und Bilanzierungspflicht
– volle Haftung mit dem Privatvermögen gegen alle Gesellschafter auch einzeln
– keine Beteiligungen, Einlagen möglich
– Ausscheiden eines Gesellschafters ist meist die Auflösung
+ kein Mindestkapital
+ einfach zu gründen
– buchführungspflichtig
– volle Haftung mit dem Privatvermögen gegen alle Gesellschafter auch einzeln
– keine Beteiligungen, Einlagen möglich
– Nachhaftung nach Ausscheiden eines Gesellschafters
+ Kommanditist haftet nur bis zur Stammeinlage
+ kein Mindestkapital
+ einfache Beteiligungen möglich
– Komplementär haftet auch mit seinem Privatvermögen
+ Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen
+ Hinzunahme und Ausscheiden von Gesellschaftern gut regelbar
+ hohes Ansehen
+ Ein-Personen-GmbH möglich
– hohes Mindeststammkapital
– aufwändige Gründung
– Bilanzierungs- und Buchhaltungspflicht, teure Jahresabschlüsse
– Auflösung (Liquidation) aufwändig und langwierig
– häufig zusätzliche Sicherheiten erforderlich
+ geringes Stammkapital
+ meist Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen
– aufwändige Gründung inkl. deutscher Niederlassung
– Rechnungslegung auch nach englischem Recht erforderlich
– evtl. geringes Ansehen
– häufig zusätzliche Sicherheiten erforderlich
+ Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen
+ einfache Finanzierungsmöglichkeiten
+ Ein-Personen-AG bei „kleiner AG) möglich
– teure und aufwändige Gründung
– hohes Mindeststammkapital (50.000 Euro)
– umfangreiche Prüfungs- und Publizitätspflichten
Lassen Sie den Kopf nicht hängen, eine einmal mit guten Gründen getroffene Rechtformwahl hatte zum Entscheidungszeitpunkt seine Berechtigung. Auch sind Umwandlungen fast jederzeit möglich. Lassen Sie sich also nicht entmutigen. Niemand hat gesagt, das wäre einfach.
Viel Glück bei Ihrer Rechtsformwahl.
Abschließend noch eine gute Zusammenfassung als Überblick: